Ausstellung `Fabelhafte Fabaceae´
Zur Ausstellung des Verbands Botanischer Gärten 2024
Von Bohne, Erdnuss und Mimose –
Fabelhafte Fabaceae
Ausstellung im Freiland & im Gewächshäuseingang
06.06.2024 – 29.09.2024
Freiland 8:00 bis 17:30, Gewächshäuser Di – So 9:30 – 15:30
Ausstellungsteam:
Dr. Dennise Stefan Bauer (Münster), Stefan Brändel (Ulm), Dr. Barbara Ditsch (Dresden), Prof. Dr. Christopher Grefen (Bochum), Dr. Kerstin Reifenrath (Darmstadt), Dr. Marco Schmidt (Frankfurt), Dr. Wolfgang Stuppy (Bochum) und Lizi Wöhrmann (Osnabrück)
Zur Ausstellung:
Die Fabaceae – im deutschen Sprachgebrauch auch Leguminosen, Schmetterlingsblütler oder Hülsenfrüchtler – sind vielfältig, variieren in Wuchsform, Blatt und Blüte. Die meisten leben in einer im Pflanzenreich einzigartigen Symbiose mit stickstofffixierenden Bakterien und einige bieten erstaunliche Beispiele symbiotischer Tier-Pflanze-Interaktionen. In ihrer vielseitigen Nutzbarkeit sind Fabaceae kaum zu übertreffen: Erbsen, Linsen, Kichererbsen und Bohnen sind wichtige Bestandteile einer gesunden und ausgewogenen menschlichen Ernährung, Soja dient als Tierfutter und fast alle krautigen Fabaceae werden als Bodenverbesserer auf Feldern angebaut und in den Boden eingearbeitet. Vor allem tropische Gattungen wiederum liefern Holz, Färbemittel, Süßstoffe, Klebe- und Verdickungsmittel und Schmuck.
Eine weitverbreitete Großfamilie
Mit aktuell ca. 19.600 bekannten Arten in 794 Gattungen und sechs Unterfamilien zählen die Fabaceae zu einer der größten Familien des Pflanzenreichs. Als Bäume, Sträucher, Lianen und Kräuter besiedeln die Fabaceae fast alle Kontinente und Klimazonen, und sind an unterschiedliche Habitate angepasst.
Viele Fabaceae produzieren ihren Stickstoffdünger quasi selbst. Ihre Wurzeln sind mit Knöllchenbakterien ausgestattet, die Luftstickstoff binden und in einer für die Pflanze nutzbaren Form zur Verfügung stellen. Mit diesem Vorteil besiedeln diese häufig als Pioniere Flächen mit nährstoffarmen Böden (zum Beispiel Ginster auf sandigen Böden).
Variantenreiche Blüten und bestens angepasste Bestäuber
Besonders vielseitig sind Fabaceae in ihrer Blütenmorphologie: Einige Vertreter, vor allem die ehemalige Gruppe der Mimosoidae, haben radiärsymmetrische Blüten, die in dichten kugeligen oder halbkugeligen Köpfen stehen. Die Blüten der meisten Arten aber sind zygomorph, darunter die typischen Schmetterlingsblüten. Sie variieren in ihrer Größe, stehen solitär oder im Verband.
Die Blüten sind bestens an die jeweiligen Bestäuber angepasst: In unserer heimischen Flora werden Schmetterlingsblüten gerne durch Bienen und Hummeln bestäubt, die die besonderen Mechanismen zur Pollenübertragung auslösen, wie Pumpen, Klappen, Bürsten, schnelle und sogar explosionsartige Bewegungen.
Vor allem tropische Bäume und Sträucher beeindrucken mit auffälligen, leuchtend roten, rosa- oder orangefarbenen Blüten, zum Beispiel Korallenbäume (Erythrina), Orchideenbäume (Bauhinia), Flammenbaum (Delonix regia), und Pfauenstrauch (Caesalpinia pulcherrima). Ihre Blüten werden von Vögeln bestäubt. In Amerika sind dies schwirrflugfähige Kolibris, in der Alten Welt Nektarvögel und Honigfresser, die für den Blütenbesuch eine Sitzgelegenheit brauchen. Die nachtblühenden, stark und teils unangenehm duftenden, grün-weißen Fabaceae-Blüten tropischer Gebiete werden von Fledermäusen besucht.
Samen und Früchte – Nahrungsmittel, Tierfutter, Schmuck
Aus den vielgestaltigen Blüten der Fabaceae bilden sich Hülsenfrüchte – mehr oder weniger eindeutig als solche erkennbar, die größenteils von Säugetieren und Vögeln ausgebreitet werden (zum Beispiel Inga und Gleditsia). Die Samen einiger Arten werden vom Wind ausgebreitet – ausgestattet mit Flügeln (zum Beispiel Tipubaum, Tipuana tipu) oder als Ballons (zum Beispiel Ballonerbse, Lessertia frutescens und Blasenstrauch, Colutea arborescens).
Ganz anders verhält sich die Frucht der Erdnuss, die tatsächlich unter der Erde wächst. Nach der Befruchtung der Blüte bohren sich die jungen Fruchtstiele in den Boden und dort reifen die Früchte heran.
Samen mit ölreichen Anhängseln, Elaiosome, werden von tierischen Ausbreitern verschleppt, wie zum Beispiel beim Stechginster (Ulex europaeus) und Besenginster (Cytisus scoparius). Je nach Samengröße, Form und Farbe des Elaiosoms locken diese Samen vor allem Ameisen und Vögel, die die Anhängsel fressen und die Samen ausbreiten (zum Beispiel aus den Gattungen Afzelia, Swartzia und Acacia).
Akazien profitieren ebenfalls von Ameisen. Diese schützen den Strauch oder Baum vor Fressfeinden und genießen im Gegenzug die Behausung in hohlen Dornen und Verköstigung mit eiweiß- und fettreicher Nahrung (Belt’sche Körper).
Durchbohrt und aufgefädelt werden die oft farbenfrohen Samen vieler tropischer und subtropischer Hülsenfrüchtler gerne zu eindrucksvollen Schmuckstücken verarbeitet. Sie dienen als Gebetsketten, Glücksbringer oder kennzeichnen gesellschaftlichen Status und Reichtum, zum Beispiel Paternostererbse (Abrus precatorius), Afrikanischem Mahagoni (Afzelia africana).
Wichtigste Nutzung der Samen und Früchte der Fabaceae ist die menschliche Ernährung. Soja, Kichererbsen, Linsen, Erbsen, Erdnüsse und zahlreiche Bohnenarten und -sorten sind Jahrtausende alter Bestandteil einer gesunden und ausgewogenen Ernährung und zählen zu den weltweit wichtigsten Nahrungspflanzen. Sie sind die Hauptquelle für essenzielle Aminosäuren, außerdem reich an Kohlenhydraten, Ballaststoffen, Vitaminen und Eisen. In Europa ernährten altweltlichen Gattungen Vicia und Vigna Jahrtausende lang Mensch und Vieh, ab dem Jahr 1500 wurden sie von der neuweltlichen Gattung Phasaeolus verdrängt.
Wirtschaftlich ebenfalls von Bedeutung: Holz
Neben der der Nutzung der Samen und Früchte der Fabaceae ist die Holznutzung von wirtschaftlicher Bedeutung. Einige tropisch und subtropisch verbreitete Gattungen weisen besondere Maserung, Härte und Langlebigkeit auf, zum Beispiel Dalbergia, Guibourtia, Pterocarpus und Millettia.
Schön blau
Außerdem werden einige Fabaceae aufgrund ihrer Inhaltsstoffe zum Färben von Textilien genutzt. Haematin aus Haematoxylum campechianum dient der Seidenfärberei, Quininsäure aus Tara spinosa der Vorbehandlung bei der Färbung von Baumwolle und mit Blatt- und Sprossextrakten aus Indigofera tinctoria bzw. Philenoptera cyanescens werden Stoffe blau gefärbt.
Sie bewegen sich doch
Eine Pflanzenbewegung, die das menschliche Auge beobachten kann, vollführt die Mimose (Mimosa pudica). Die Pflanze reagiert auf Erschütterung, schnelle Abkühlung oder schnelle Erwärmung, außerdem auch auf Änderung der Lichtintensität. Dabei wird nur die betroffene Region der Pflanze blattweise eingeklappt. Diese empfindliche Reaktion auf äußere Reize wird gerne als Sprichwort „sensibel wie eine Mimose“ verwendet.
Ausstellung beim VBG